OLDENBURGS ERNÄHRUNGSSTRATEGIE VERÖFFENTLICHT - DAS SIND DIE PLÄNE DER STADT
Gesund, nachhaltig, vielfältig und regional – so soll die Ernährung in Oldenburg für alle zukünftig aussehen können. Die Stadt Oldenburg hat dazu eine Ernährungsstrategie erarbeitet, die nun veröffentlicht wurde. 68 Ansätze setzen dabei Impulse, wie eine klimafreundliche Ernährung in Oldenburg gelingen kann.
Wir haben Nils Marscheider, Ansprechpartner rund um die Ernährungsstrategie im Fachdienst Klimaschutz, nach den Inhalten und den Plänen zur Umsetzung der Stadt Oldenburg gefragt und dabei auch nachgehakt, wie diese kommunale Ernährungsstrategie mit Niedersachsens Ernährungsstrategie auf Landesebene zusammenwirken kann.
Herr Marscheider, die Stadt Oldenburg hat Anfang 2025 eine Ernährungsstrategie veröffentlicht mit dem Untertitel „Gesund. Nachhaltig. Vielfältig. Regional.“ Fassen Sie uns kurz zusammen: Was ist ihr Ziel mit dieser Strategie?
Der erste Leitgedanke von Oldenburgs Ernährungsstrategie wirkt auf den ersten Blick ganz schlicht, doch es steckt sehr viel darin: „In Oldenburg ist es für alle Menschen möglich, sich gesund, nachhaltig und mit Freude am Genuss zu ernähren“.
- Gesund heißt bei uns, dass wir den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) folgen und sie beispielsweise in der Schul- und Kita-Verpflegung anwenden.
- Eine nachhaltige Ernährungsweise basiert für uns auf einer umweltschonenden Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln, aber auch auf einem wertschätzenden Umgang mit ihnen. Natürlich wollen wir auch erreichen, dass sich die Ernährung in Oldenburg in eine klimafreundliche Richtung entwickelt, denn die Ernährungsstrategie ist auch Teil des Klimaschutzplans der Stadt Oldenburg.
- Besonders wichtig war uns aber, dass möglichst viele Menschen in Oldenburg einen Nutzen aus der Ernährungsstrategie ziehen können. Das ist eine große Aufgabe, denn nicht jeder Mensch hat gleichermaßen Zugang zu gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln. Deswegen ist mit „Vielfältig“ in unserem Untertitel nicht nur die Produktvielfalt unserer Region, sondern auch die Vielfalt der Ernährungsgewohnheiten gemeint.
- Das „Regional“ im Untertitel macht erstens deutlich, dass das Umland der Stadt für das Gelingen der Ernährungsstrategie sehr wichtig ist. Zweitens ist die Stärkung der regionalen Wertschöpfung einer der Schwerpunkte der Strategie. Auch aus diesem Grund haben wir uns zusammen mit den Landkreisen Wesermarsch und Oldenburg beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft um Fördermittel im Rahmen des „Modellregionenwettbewerbs Ernährungswende in der Region“ beworben und waren erfolgreich. Das Projekt „EAT | gemeinsam regional genießen“ ermöglicht uns, mehrere Ansätze aus der Ernährungsstrategie gleich umzusetzen.
Das sind hoch angesetzte Ziele, die das Ernährungssystem als Ganzes aber auch die individuelle Ernährung aller Bürger*innen betreffen. Erklären Sie noch einmal für Leser*innen, die das Instrument einer „Ernährungsstrategie“ noch nicht kennen, was aus Ihrer Sicht die Potenziale einer Strategie sind. Worin sehen Sie die Vorteile?
Eine Strategie braucht es immer dann, wenn man langfristig ein großes Ziel erreichen will und es dafür sehr viele kleine und große Schritte braucht. Genauso ist es im Bereich Ernährung:
Was die Menschen essen, werden sie immer selbst entscheiden. Wir können im Rahmen unserer Möglichkeiten folgende Wege gehen:
- das Angebot in der Gemeinschaftsverpflegung verändern
- bei unseren eigenen Festen und Veranstaltungen Veränderungen anstoßen und damit eine Vorbildfunktion einnehmen
- verlässliche Informationen zu gesunder und nachhaltiger Ernährung anbieten
- Mitmach-Aktionen und attraktive Bildungsangebote zu unseren Themen schaffen
- das Thema gesunde und klimagerechte Ernährung in der Öffentlichkeit bekannter machen
Die 68 Ansätze der Strategie zeigen, dass viele kleine Stellschrauben für den Wandel im Bereich Ernährung bewegt werden müssen. Die Strategie schafft uns Übersicht und ist die Grundlage, um zu entscheiden, was wir zuerst machen. Der erste Schritt ist dann immer, mit allen wichtigen Akteurinnen und Akteuren aus der Praxis ins Gespräch zu gehen und die Umsetzung konkreter zu planen.
In der Strategie geht es um fünf Teilbereiche: „Außer-Haus-Verpflegung“, „Lebensmittelverschwendung“, „Ausbau von Mehrweg-Angeboten“, „Ernährungsbildung und Mitmach-Projekte“ sowie „Regionale Wertschöpfung und Stadt-Land-Kooperation“. Was können Bürger*innen der Stadt Oldenburg erwarten? Was ändert sich für sie und wie werden sie davon profitieren?
Zusammen mit der Ernährungsstrategie wurde vom Rat beschlossen, welche Ansätze zuerst umgesetzt werden sollen. Aus jedem Teilbereich wurde ein Ansatz ausgewählt.
- Zum Beispiel arbeitet beim Ernährungsrat Oldenburg – ermöglicht durch das EAT-Projekt – nun ein erfahrener Koch und Küchenleiter. Er berät Großküchen, wie sie ihr Angebot nachhaltiger gestalten können, ohne dass die Kosten stark steigen. Kundinnen und Kunden verschiedener Einrichtungen können sich also bald über neue Ideen auf der Speisekarte freuen, die nicht unbedingt mehr kosten müssen.
- Vom 29. September bis zum 6. Oktober werden wir eine Reihe von Mitmach-Aktionen in der Woche gegen Lebensmittelverschwendung anbieten, um diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
- Im Bereich Mehrweg der Strategie möchten wir uns dafür einsetzen, dass das Angebot von Behältern für ToGo-Gerichte und -Getränke in Oldenburg einheitlicher wird. Nur wenn es wirklich einfach ist, die geliehenen Behälter an vielen Stellen wieder abgeben zu können, werden mehr Menschen diese auch nutzen.
- Nicht zuletzt möchten wir erreichen, dass mehr Produkte aus der regionalen Landwirtschaft in der Außer-Haus-Verpflegung in Oldenburg eingesetzt werden. Wir möchten neue verlässliche Partnerschaften zwischen den Betrieben vermitteln und unterstützen. Das soll dann auch für die Kundinnen und Kunden der Außer-Haus-Verpflegung sichtbar sein.
Nun sind diese Ansätze aber erst einmal nur theoretische Empfehlungen. Für wie realistisch halten Sie die Umsetzung dieser Impulse in der Praxis?
Durch unsere erfolgreiche Bewerbung im „Modellregionenwettbewerb Ernährungswende in der Region“ können wir mit mehreren Vorhaben gleich starten. Unsere ausgebuchte Auftaktveranstaltung zum „Projekt EAT | gemeinsam regional genießen“ hat uns das große Interesse an einem Wandel zu mehr nachhaltigen und gesunden Verpflegungsangeboten gezeigt. Es waren sehr viel Akteurinnen und Akteure vor Ort, die wir auch für die Umsetzung der Ernährungsstrategie brauchen.
Natürlich setzen wir an vielen Stellen mit der Ernährungsstrategie „nur“ Impulse und Veränderungen werden sich erst mittel- oder langfristig einstellen. Aber gerade bei einem so sensiblen Thema ist es auch wichtig, die Menschen über die Zeit durch gute Angebote zu überzeugen. Wenn Kundinnen und Kunden vermehrt gesunde und klimafreundliche Speisen einfordern, wird sich dieser Wandel beschleunigen.
Wen braucht es für die Umsetzung?
An der Erarbeitung der Ernährungsstrategie haben 50 Expertinnen und Experten mitgearbeitet. Dazu gehörten nicht nur Mitarbeitende aus vielen Bereichen der Verwaltung, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, wie der Ernährungsrat, die Oldenburger Foodsharing Gruppe oder der Bunkergarten Gruppe (Unterstützung von Urban Gardening). Auch Organisationen wie die Verbraucherzentrale, die Landwirtschaftskammer, das Kreislandvolk und die Landesvereinigung Ökologischer Landbau waren vertreten. Damit haben wir für die Umsetzung schon eine gute Grundlage geschaffen.
Gleichzeitig haben wir aber für jeden Ansatz der Strategie festgehalten, wen wir für die Umsetzung noch einbeziehen müssen. Nehmen wir das Beispiel Mehrweg: Wenn wir erreichen wollen, dass in Oldenburg an vielen Stellen die gleichen Mehrwegbehälter genutzt werden, müssen wir als erstes die Unternehmen aus der Gastronomie oder aus dem Catering fragen, was sie im Alltagsgeschäft für praktikabel halten.
Zu guter Letzt wollen wir den Blick über die Stadtgrenzen Oldenburgs weiten: Die Oldenburger Ernährungsstrategie setzt auf kommunaler Ebene an. Seit 2021 gibt es bereits Niedersachsens Ernährungsstrategie auf Landesebene. Wie stehen diese beiden Strategien aus Ihrer Sicht im Verhältnis zueinander?
Für uns war und ist Niedersachsens Ernährungsstrategie ein äußerst wichtiger Orientierungsrahmen. Man könnte sie als „Dach“ beschreiben, unter dem wir unsere Aktivitäten planen. Wir haben viele Punkte aus Niedersachsens Ernährungsstrategie aufgegriffen und für Oldenburg konkretisiert und angepasst.
So steht zum Beispiel in der niedersächsischen Ernährungsstrategie, dass eine Kompetenzstelle für nachhaltigere Gemeinschaftsverpflegung konzipiert werden soll. In Oldenburg haben wir diesen Punkt aufgegriffen, bieten die Küchenberatung nun – ermöglicht durch die Förderung des BMEL - an und sammeln dabei Erfahrungen. Natürlich sind die Ressourcen und damit die Zahl der möglichen Beratungen begrenzt. Aber trotzdem arbeiten wir hier lokal schon zu einem Thema aus Niedersachsens Ernährungsstrategie.
Ein anderes Beispiel ist die Stärkung von Infokampagnen zum Thema Lebensmittelverschwendung: Wir planen, im September dieses Jahres mehrere Aktionen im Rahmen der Woche gegen Lebensmittelverschwendung durchzuführen. Eine große Kampagne ist das nicht, aber wir stärken die Präsenz des Themas in der öffentlichen Wahrnehmung in Oldenburg.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die großen Ziele der beiden Strategien sehr ähnlich sind. Es war aber sehr wichtig, dass wir hier gemeinsam mit vielen Akteurinnen und Akteuren eine eigene Strategie entwickeln. So werden die vielen Ansätze zu eigenen Projekten für Oldenburg, für die wir schon viele engagierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewinnen konnten.
Herr Marscheider, vielen Dank für Ihre Einschätzungen. Geben Sie uns noch mit auf den Weg: Wo finden Interessierte die vollständige Strategie zum Nachlesen und weitere relevante Informationen zur Umsetzung?
Oldenburgs Ernährungsstrategie lässt sich auf den Seiten des Amts für Klimaschutz und Mobilität der Stadt Oldenburg abrufen: www.oldenburg.de/ernaehrungsstrategie
Bei Infoständen, wie am 17.5.2025 auf dem Oldenburger Pferdemarkt haben wir auch einige gedruckte Exemplare dabei.